Verlauf der Chloridkonzentration von
1968 bis 2022 in Gerstungen/Werra
(FGG Weser, 2023)
Salzkonzentration im Längsverlauf von
Werra und Weser (verändert nach Runder
Tisch Gewässerschutz Werra/Weser und
Kaliproduktion, 2010)
Seit gut 100 Jahren wird im Wesereinzugsgebiet Salz zur Herstellung von Pflanzendüngestoffen abgebaut. Die Produktionsgebiete liegen an der Fulda bei Neuhof, im hessisch-thüringischen Werragebiet und im niedersächsischen Aller-Leine-Gebiet. Dabei fallen in hohem Maße feste und flüssige salzhaltige Abfälle an, weil nur ein Teil des gewonnenen Materials als Wertstoff verwendet werden kann. Daher werden Salzabwässer in die Flüsse eingeleitet und schränken die Entwicklung einer gewässertypischen Tier- und Pflanzenwelt erheblich ein. Zum anderen wurden in Hessen Salzabwässer im Untergrund verpresst. Die Versenktätigkeit wurde Ende 2021 endgültig eingestellt.
Trotz der erheblichen Reduzierung des Salzabwasseranfalls in den letzten Jahren und der damit verbundenen Entlastungen für die Grundwasser- und Oberflächenwasserkörper stellt die Salzabwassereinleitung insbesondere in Werra und Oberweser weiterhin eine dominierende Belastung der Gewässergüte dar. Die infolge dieser Einleitungen derzeit vorhandenen Salzkonzentrationen (insbesondere Chlorid, Magnesium und Kalium) in Werra und Weser sowie die diffusen Einträge wirken sich deutlich auf die biologischen Qualitätskomponenten aus und führen zur Verfehlung des guten ökologischen Zustands bzw. guten ökologischen Potenzials in den betroffenen Wasserkörpern.
Entscheidend für die Auswirkungen der Salzbelastung auf die Lebensgemeinschaften sind die Zusammensetzung und Konzentrationen der Salzionen sowie der zeitliche Verlauf von Konzentrationsschwankungen. Eine anthropogen veränderte Ionenzusammensetzung wirkt sich auf verschiedene Organismengruppen wachstumshemmend, sublethal (z. B. Nekrosen an Fischen) oder akut toxisch aus. Reaktionen auf erhöhte Salzkonzentrationen zeigen sich insbesondere bei benthischen Organismen, wie dem Makrozoobenthos oder den benthischen Diatomeen. Empfindlich reagieren ebenfalls Fischlarven und Jungfische, wodurch eine erfolgreiche Fortpflanzung von salzempfindlichen Arten vermindert oder sogar vollständig unterbunden wird. Einige Arten zeigen in gewissen Grenzen eine Adaptionsfähigkeit an langsam steigende Salzgehalte, abrupte Veränderungen der Konzentrationen werden jedoch nur von wenigen Spezialisten toleriert.
Die Salze unterliegen im Gegensatz z. B. zu den Nährstoffen keinen chemischen Abbauprozessen im Gewässer, sondern verringern sich lediglich durch Verdünnungseffekte bei Erhöhung der Abflussmengen, wie z. B. durch den Zufluss von Süßwasser aus Nebenflüssen. So ist zu erklären, dass die Salzeinleitungen in der Werra Auswirkungen bis nach Bremen 500 km unterhalb der maßgeblichen Einleitungen haben.