Wanderrouten und zentrale Querbau-
werksstandorte (FGG Weser, 2021)
Nadelwehr in Hann. Münden (FGG Weser)
Die Gewässerstruktur ist neben der stofflichen Qualität des Wassers und der Sedimente von zentraler Bedeutung für die Laich- und Aufwuchshabitate der meisten Fischarten, aber auch für die Besiedlung mit Wirbellosen (Makrozoobenthos) und höheren Pflanzen (Makrophyten).
Im Zuge der oft Jahrhunderte langen Nutzung z. B. für die Schifffahrt, die Landwirtschaft oder dem Schutz von Siedlungen vor Hochwasser wurde die Struktur vieler Fließgewässer oft sehr stark verändert. Diese Veränderungen beziehen sich z. B. auf die Fixierung des Flussbettes zur Verhinderung von Seiten- und Sohlerosion, die Veränderung des Feststofftransportes aufgrund von Stauregulierungen, landwirtschaftlicher Nutzung im Gewässerumfeld mit der Folge veränderter Sohlstrukturen (Verockerung, Versandung, Verschlammung) bis hin zur Anpassung der Gewässerform an hydraulische Anforderungen im Rahmen des Hochwasserschutzes bzw. der Entwässerung landwirtschaftlicher Flächen. In Folge dieser Veränderungen kommt es z. B. zu erheblichen Einschränkungen der natürlichen hydromorphologischen Dynamik und damit zum Verlust wichtiger und vielfältiger Lebensräume für Fische, Wirbellose und Pflanzen. Von diesen starken Beeinträchtigungen sind weite Teile der Fließgewässer in der Flussgebietseinheit Weser betroffen.
Die ca. 18.000 km Fließgewässer in der Flussgebietseinheit Weser weisen zahlreiche unpassierbare oder weitgehend unpassierbare Querbauwerke auf. Sie dienen der landwirtschaftlichen Be- und Entwässerung, der Schifffahrt, der Hochwasserregulierung, der Wasserkraftnutzung sowie der Sohlstabilität und sind in Gewässern aller Größenordnungen im gesamten Flussgebiet der Weser vorhanden. Die Dichte der Querbauwerke variiert allerdings innerhalb der Flussgebietseinheit. Die meisten davon sind Sohlschwellen, Abstürze und Wehranlagen mit Absturzhöhen bis zu 1 m in kleineren Fließgewässern. In den größeren Flüssen dienen Stauhaltungen mit Schifffahrtsschleusen und Wasserkraftanlagen insbesondere in der mittleren Aller, der Mittelweser sowie der unteren Fulda und Werra der Abflussregulierung. Aufstiegshilfen sind häufig nicht ausreichend funktionsfähig oder gar nicht vorhanden, so dass die Querbauwerke für Fische und andere Organismen oft nur sehr eingeschränkt oder gar nicht passierbar sind. Auch zahlreiche Verrohrungen wirken als Wanderhindernisse. Die geänderten hydraulischen Bedingungen führen ober- und unterhalb des Querbauwerks zu völlig veränderten Umweltbedingungen für die auf fließendes Wasser spezialisierten Tier- und Pflanzenarten in den Bächen, Flüssen und Strömen. Die reduzierten Fließgeschwindigkeiten in den Stauräumen oberhalb der Querbauwerke verändern die chemischen, physikalischen und biologischen Prozesse erheblich.
Die zahlreichen Wasserkraftanlagen bergen potenzielle Schädigungsrisiken, die abhängig vom Turbinentyp und vorhandenen Barrieren zu erheblichen Schädigungen der lokalen Fischfauna führen können. Für Langdistanzwanderfische summieren sich die Schäden vieler aufeinander folgender Anlagen, so dass die Quote erfolgreich auf- und abwandernder Fische, z. B. Blankaale stark beeinträchtigt werden kann.